Was ist Burnout?
Unter Burnout versteht man einen dauerhaften, von den Betroffenen als negativ erlebten psychischen Zustand, dessen Entstehungsbedingungen meist dem Arbeitskontext zugeordnet werden (Schaufeli und Enzmann, 1998). Ein Burnout geht einher mit einem Gefühl der emotionalen Erschöpfung und Überforderung. Die Betroffenen klagen über Energiemangel und Anspannung, zudem nimmt ihr Interesse für ihre Arbeit ab. Obwohl diese Tätigkeiten ihnen früher Spaß gemacht haben, fühlen sie sich oft frustriert. Burnout kann auch mit Gefühlen von Minderwertigkeit, Nutzlosigkeit, Verlust von Kreativität und Kontrollverlust einhergehen. Ein Burnout wirkt sich auf die Einstellung zur Arbeit und damit auf die Leistungsfähigkeit und Motivation aus. Neben der Arbeit leiden unter einem chronischen Burnout auch die anderen Lebensbereiche wie Partnerschaft, Familie und Freizeit sowie die Lebenszufriedenheit insgesamt.
Eine Ursache von Burnout kann langanhaltender, oft nicht zu bewältigender Stress, z.B. durch kaum beeinflussbare Arbeitsbedingungen, sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt Stress als einen der größten Risikofaktoren für die Gesundheit im 21. Jahrhundert. Menschen mit Migrationshintergrund können neben den ‚normalen‘ alltäglichen Belastungen der Arbeit oder durch familiäre und gesellschaftliche Verpflichtungen zusätzlich durch Anstrengungen während oder nach der Migration belastet sein. Diese höhere Stressbelastung konnte in einer Untersuchung mit einer deutschen Vergleichsgruppe gezeigt werden. Menschen mit Migrationserfahrungen oder einem Migrationshintergrund müssen in alltäglichen Situationen oftmals zwischen unterschiedlichen Werten, Erwartungen, Verhaltensregeln und Emotionsrepertoires navigieren. Dabei leisten sie zusätzliche Übersetzungsarbeit zwischen den Sprachen, den kulturell geprägten Umgangsformen und Werten, was gerade bei Missverständnissen und Sprachlosigkeit eine zusätzliche Anstrengung darstellen kann.
Symptome von Stress und Burnout
Andauernder Stress kann neben psychischen auch verschiedene körperliche Beschwerden bedingen oder verstärken. Symptome wie z.B. ein Tinnitus, Engegefühl im Brustbereich, Herzrasen, Luftnot, Verdauungsstörungen, Übelkeit, Blähungen, Obstipation und Bauchschmerzen werden beschrieben. Weitere mit Stress einhergehende Symptome können Schwindel, Kiefermuskelverspannung, Zähneknirschen, Kribbelgefühle oder auch eine veränderte und entzündungsanfällige Mundschleimhaut sein. Zudem werden oft andauernde Muskelverspannungen beschrieben, die zu Muskelschmerzen, chronischen Nacken- und Schulterverspannungen und in der Folge zu Spannungskopfschmerzen oder Rückenschmerzen führen können. Darüber hinaus beeinflusst Stress das vegetative Nervensystem, dadurch können vermehrtes Schwitzen, Kältegefühle oder ein hoher Blutdruck auftreten.
Bei Burnout treten häufig affektive Symptome und psychosomatische Beschwerden auf. Die affektiven Symptome sind ähnlich jenen bei Depressionen, jedoch nicht so ausgeprägt wie bei depressiven Episoden. Ein Burnout wird dabei auch als ein Risikostadium einer Depression beschrieben. Bei Burnout leiden die Betroffenen oft unter Gefühlen der Hoffnungslosigkeit, mangelndem Selbstwertgefühl, einem Gefühl der Isolation, Stimmungsschwankungen, Pessimismus, dem Gefühl von innerer Leere, Ärger, Ungeduld, Reizbarkeit und Nervosität. Ein Burnout-Syndrom im Rahmen von chronischem nicht zu bewältigendem Stresserleben wird häufig von psychosomatischen Beschwerden begleitet. Solche Symptome sind Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Engegefühl im Brustbereich, Muskelverspannungen oder vegetative Symptome wie Herzklopfen, erhöhter Blutdruck und vermehrtes Schwitzen.
Verlauf und Häufigkeit
Aufgrund der hohen symptomatischen Überschneidung ist die Abgrenzung zwischen einem Burnout und einer leichten depressiven Episode schwierig. Daher wird ein Burnout als eine Vorstufe oder ein Risikostadium für das Auftreten einer voll ausgeprägten Depression verstanden. In einer Untersuchung mit 10.000 Menschen hatten bis zu ein Drittel der Angestellten Anzeichen eines Burnouts. In einer repräsentativen Untersuchung in Finnland litten 25 % der Menschen im Arbeitsalter an einem leichten Burnout-Syndrom und 3 % an einem schweren Burnout Syndrom, das als eine Depression diagnostiziert werden könnte (Honkonen et al. 2006).
Risikofaktoren für Burnout
Risikofaktoren für die Entwicklung eines Burnouts sind Mehrfachbelastungen, die die Betroffenen als Stress empfinden. Dies können zu viele Tätigkeiten mit hohem Zeit-, Kosten- und Termindruck, wenige Möglichkeiten zur Gestaltung der Arbeitsaufgaben und eine mangelnde Vorbereitung an erhöhte Anforderungen an die Arbeit, z.B. durch Einführung neuer IT-Technik oder anderer Arbeitsabläufe, sein. Außerdem kann eine Atmosphäre am Arbeitsplatz, in der es wenig Belohnung und Lob, mangelndes Feedback, nicht vorhandene Kollegialität sowie mangelnde Transparenz gibt, zu einem Burnout führen. Andauernde Erreichbarkeit und keine klare Trennung von Arbeit und Privatleben sind weitere Risikofaktoren für ein Burnout.
Zu den persönlichen Risikofaktoren zählen neben einer biogenetischen Disposition, erhöhter Perfektionismus, überhöhte Ansprüche an sich selbst, ein ausgeprägter Wunsch nach Anerkennung sowie Schwierigkeiten eine Aufgabe abzulehnen und auch mal ‚Nein‘ zu sagen. Auch ein Mangel an funktionalen Strategien im Umgang mit Stress erhöht das Risiko für ein Burnout. Zu den schützenden Strategien zählen zum Beispiel eine gute Arbeitsorganisation, wie etwa die Übertragung von Aufgaben an Andere, ein gutes Zeit- und Terminmanagement und ein funktionierendes Team. Insgesamt wird für die Entstehung von stress-assozierten Störungen, das sogenannte Vulnerabilitäts-Stress-Model oder auch biopsychosoziale Erklärungsmodell verwendet, das auf die multifaktoriellen Enstehungsbedingungen hinweist.
Wie verläuft die Erkrankung?
Ein Burnout beginnt oft mit einem Gefühl der Erschöpfung und chronischen Müdigkeit. Manchmal reagieren die Betroffenen auch mit gereiztem Verhalten ihren Mitmenschen gegenüber. Es treten körperliche Beschwerden auf und die Krankschreibungen und Fehlzeiten am Arbeitsplatz nehmen zu. Die Betroffenen schlafen unruhig, wachen mehrmals wieder auf und fühlen sich verspannt. Manchmal greifen sie daher zur Selbstmedikation und nehmen vermehrt Schmerz- und Schlafmittel ein oder trinken mehr Alkohol. Auch ein gesteigerter Medienkonsum, z. B. mehr Fernsehen, Serienschauen und/oder Computerspiele, ist in diesem Zusammenhang eine oft ungünstige Stressbewältigungsstrategie. Darüber hinaus kann ein Burnout-Syndrom zu einem gestörten Essverhalten und langfristig zu Ehe- und Familienproblemen führen, da die Betroffenen sich reizbarer sowie weniger tolerant und flexibel als früher verhalten und auf die Frustration im Arbeitskontext eingeengt sind. Burnout kann daher einen vorzeitigen Arbeitsplatzwechsel oder sogar den Ausstieg aus dem Beruf zur Folge haben.
Burnout kann neben einem erhöhten Risiko zu Depressionen auch das Risiko für andere Störungen erhöhen. So treten z. B. Angsterkrankungen oder Medikamenten- oder Alkoholabhängigkeit häufiger auf. Auch die Risiken für körperliche Erkrankungen wie z. B. Fettstoffwechselstörung, Adipositas, chronische Schmerzen und entzündliche Erkrankungen sind deutlich erhöht.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Ein Schwerpunkt im Umgang mit Risikofaktoren für ein Burnout liegt auf der Prävention. Um einem Burnout-Syndrom vorbeugend zu begegnen, ist es wichtig, zu einer individuellen Work-Life Balance zu finden. Auch das Wissen und das Erkennen von Frühwarnzeichen und eine Achtsamkeit auf körperliche Beschwerden ist eine wichtige Maßnahme zur Vorbeugung eines Burnoutsyndroms. Präventiv wirken vor allem stressreduzierende Aktivitäten wie eine motivierende Freizeitgestaltung, ein besseres Stressmanagement, Zeit für Hobbys, positive Erlebnisse mit Familie und Freunde sowie sportliche Aktivitäten wie z. B. Yoga, Joggen oder Schwimmen. Jedoch sollte auch hier auf eine Balance zwischen Anstrengung und Entspannung, zwischen Freizeitaktivität und Erholung geachtet werden.
Bei anhaltender Stresssymptomatik, chronischen Beschwerden oder Anzeichen einer Depression empfiehlt sich die Inanspruchnahme von professioneller Hilfe, z. B. in Form einer psychologischen Beratung oder einer ambulanten Psychotherapie. Wenn die Beschwerden sehr ausgeprägt und anhaltend sind, dann kann auch ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik oder einer psychosomatischen Abteilung notwendig sein. Auch eine pharmakologische Therapie, meist in Form von Antidepressiva und schlafunterstützenden Medikamenten kann bei einem schweren Burnout helfen.
Verfasst von:
Dr. Thi Minh Tam Ta (Charité CBF, Leiterin der Spezialambulanz für vietnamesische Migranten)
Quellen:
Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) zum Thema Burnout, 07.03.2012. retrieved
von Poser, A. et al. SFB 1171 Affective Societies – Working Paper 03/17: Annäherungen an das Unsagbare – Artikulationen des Affektiven und die Formierung transkultureller Emotionsrepertoires im Vietnamesischen Berlin. (2017).
Honkonen, T. et al. The association between burnout and physical illness in the general population – results from the Finnish Health 2000 Study. J Psychosom Res. Jul 61(1), 59-66 (2006).
Schaufeli, W.B. & D. Enzmann. The burnout companion to study and practice. Taylor & Francis, London (1998).